Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
selbstverständlich unterstütze ich auch den Vorschlag B der Verwaltung. Diese Antrage sollte keine Eintagsfliege sein, sondern soll ein neues Bewusstsein in Kempen erzeugen Europa ist nicht etwas Selbstverständliches. Europa muss jeden Tag neu erkämpft werden, Europa fängt nicht in Brüssel oder Straßburg an, sondern vor unserer Haustüre.

Man sollte zumindest während der Europawahl Kempener Fahnenmasten mit Europaflaggen bestücken. Drei Tage vor der wegweisenden Europawahl setzen wir mit diesem Antrag heute ein Signal: Geht wählen, sonst wird unser Leben von Autokraten, Despoten und abspalterischen Nationalisten diktiert. Ungarn mit Orban ist ein warnendes Beispiel, Großbritannien mit dem Brexit ebenfalls. Auch die USA und China versuchen, Europa zu spalten. Bitte wundern Sie sich nicht, warum ausgerechnet ich über Europa spreche. Einer, der wie ich aus unterdrückten Ländern kommt, auch in Deutschland lange Zeit Bürger zweiter Klasse war, weiß Europa zu schätzen. Bis vor 15 Jahren wohnte meine Familie über Europa verteilt. Ich durfte sie nicht besuchen.

Trotzdem bin ich über die grüne Grenze bis nach Frankreich gereist - mit der Angst, jederzeit erwischt zu werden. Heute leben die meisten in Großbritannien. Ich bin mehrmals im Jahr dort. Anfang der 90er Jahre musste ich einen ganzen Tag lang vor dem niederländischen Konsulat in Düsseldorf ausharren - nur um ein Einreise-Visum für die Niederlande zu erhalten. Erst dann durfte ich in das Nachbarland fahren. In Zeiten von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz ist ein geeintes Europa die einzig richtige Antwort. Das rechte Gedankengut ist wie eine unsichtbare Schadsoftware. Wenn wir nicht rechtzeitig handeln, wird es unser gesamtes Europa lahmlegen. Es gibt kein zweites Europa. Und Europa hat auch keine zweite Chance.